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Gemeinsamer offener Brief - Nein zur Fristverlängerung

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An die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion

Berlin, 05.11.2018

Ihr klares Nein zur Fristverlängerung

Eine Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration wäre verfassungswidrig

Sehr geehrte Frau Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion, / Sehr geehrter Herr Abgeordneter der SPD-Bundestagsfraktion,

Zwanzig Millionen Ferkel werden jedes Jahr ohne jegliche Betäubung in Deutschland kastriert. Dieser sehr schmerzhafte Eingriff wurde per Ausnahmeregelung noch mit einer Übergangszeit bis zum 31.12.2018 erlaubt. Das endgültige Verbot der betäubungslosen Kastration ab Januar 2019 hat der Bundestag bereits vor fünf Jahren beschlossen. Anträge verschiedener Länder, diese Übergangsfrist zu verlängern, wurden bereits im Bundesrat abgelehnt. Dennoch bringt die Große Koalition nun eine Fraktionsinitiative auf den Weg, um die Übergangsfrist noch einmal um zwei Jahre zu verlängern. Die Abstimmung hierzu wird noch in diesem Jahr stattfinden.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
Als Verbände aus Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz appellieren wir an Ihren Mut und Ihr Mitgefühl. Es gibt keinen Grund, Ferkel weiterhin betäubungslos zu kastrieren. Das sehen auch große Teile der Gesellschaft so. Ihre Stimme kann das tägliche Leid der Tiere beenden: Stimmen Sie gegen die geplante Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration.

Ferkel empfinden Schmerzen

Ferkel haben schon in den ersten Lebenstagen ein voll entwickeltes Schmerzbewusstsein und leiden sowohl unter der Kastration als auch unter deren Nachschmerzen. So appelliert die Bundestierärztekammer für die Beendigung der betäubungslosen Ferkelkastration und bezeichnet gemeinsam mit der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz und der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft eine Fristverlängerung als falschen Weg, der weiter Schmerzen für die Tiere bedeutet. Die Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft sprechen bei dem Eingriff der betäubungslosen Ferkelkastration von Tierquälerei.

Vermeidbarkeit der betäubungslosen Ferkelkastration

Herr Prof. Dr. Jens Bülte, Rechtswissenschaftler an der Universität Mannheim, und Dr. Christoph Maisack, renommierter Tierschutzrechtsexperte, kommen zu dem Ergebnis, dass die Verlängerung der Übergangsfrist gegen das Staatsziel Tierschutz verstößt. Eine solche Verlängerung entbehre der verfassungsrechtlichen Grundlage der Unvermeidbarkeit, da praxistaugliche Alternativen vorhanden sind.

Vorhandene Alternativen

Die Jungebermast ist eine Alternative, bei der die Ferkel nicht kastriert werden, also unversehrt bleiben. Eber wachsen schneller als kastrierte Mastschweine und erreichen somit früher ihr Schlachtgewicht. Die Ebermast setzt ein an die Tiere angepasstes Haltungssystem voraus. In Deutschland werden bereits 15 - 20 % der männlichen Tiere in der Jungebermastgehalten. So genannte “Stinker” werden am Schlachtband aussortiert.

Die Immunokastration besteht aus einer zweimaligen Impfung, welche die Geschlechtsreife der Eber unterbindet und damit den Ebergeruch verhindert. Die Belastung der Tiere ist hierbei vergleichsweise gering. Mögliche Probleme der Jungebermast wie Kämpfe und Aufreiten können durch die Impfung deutlich reduziert werden. Das bundeseigene Friedrich- Löffler-Institut bewertet die Immunokastration als tierschutzfachlich besten Weg, siehe hier.

Eine deutlich höhere Belastung stellt die Kastration unter Betäubung durch die sogenannte Inhalationsnarkose dar. Hierbei werden die Ferkel zumeist rücklings in einem Narkosegerät fixiert, was Stress verursacht. Außerdem kann bisher nicht sichergestellt werden, dass alle Tiere ausreichend betäubt werden. Grundsätzlich stellt der chirurgische Eingriff der Kastration immer eine Belastung für die Tiere dar.

Wirtschaftlichkeit

Das Thünen-Institut wertet in seinem Bericht von 2016 die Ebermast gefolgt durch die Immunokastration als wirtschaftlichste Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration. Einige Einzelhandelsketten haben bereits öffentlich bekannt gegeben, Fleisch von immunokastrierten Ebern abzunehmen. So geben zum Beispiel Aldi-Süd und Aldi-Nord in ihren Einkaufspolitiken bekannt, dass für das Frischfleischsegment ausschließlich Fleisch von unkastrierten Tieren akzeptiert wird. Edeka-Südwest, Penny und Rewe setzen sich für die Ebermast mit und ohne Immunokastration ein. Und auch Lidl und Kaufland haben zumindest in ihren Haltungskennzeichnungssystemen angegeben, ab Stufe 2 Fleisch aus der Ebermast zu bevorzugen.

Lokalanästhesie durch Landwirte

Die Lokalanästhesie durch die Landwirte (“vierter Weg”) ist aus tierschutzfachlicher Sichtkeine Alternative. Für die örtliche Betäubung müssen bis zu vier Injektionen in Hoden, Haut und Samenstrang gesetzt werden, was für die Tiere äußerst schmerzhaft ist. Die Injektionen richtig zu setzen ist schwierig und erfordert tierärztliches Fachwissen und Erfahrung. Die

Lokalanästhesie wirkt zudem lediglich schmerzreduzierend, was nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Die Lokalanästhesie ist eine Verschlechterung für die Ferkel.

Im Interesse der Gesellschaft

Die Gesellschaft fordert mittlerweile vehement ein anderes Umgehen mit Tieren. Auch deshalb wurde das Thema Ferkelkastration in den letzten Wochen medienübergreifend diskutiert. Als Abgeordnete vertreten Sie Ihre Wählerinnen und Wähler – Stimmen Sie gegen eine Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration!

Für weitere Informationen und ein persönliches Gespräch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt

Bundesverband Tierschutz e.V.

Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V.

Deutscher Naturschutzring 

Deutscher Tierschutzbund

Greenpeace

PROVIEH e.V.

Verbraucherzentrale Bundesverband

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