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TTIP - ein umstrittenes Abkommen

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Es kam in der Geschichte der Europäischen Union (EU) nicht häufig vor, dass ein internationaler Vertrag so kontrovers diskutiert wurde, wie das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA: the Transatlantic Trade and Investment Partnership, kurz TTIP. Die einen sagen, es brächte uns mehr Wohlstand. Die anderen dagegen behaupten, dass es uns geradewegs in eine Diktatur führe. Doch sind diese Sorgen berechtigt oder nur ein Produkt aus übertriebener Globalisierungsangst und Antiamerikanismus? Wohl kaum, denn auch für viele Politiker ist TTIP intransparent und schon längst zu einem häufig lamentierten Ärgernis geworden. Die Bemühungen der USA, möglichst wenig über die eigene Verhandlungstaktik preiszugeben, tragen nicht gerade zur Entspannung der Situation bei. Umso wichtiger ist es nun Tomas Alexander Schneider, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen Fraktion im Kreistag Marburg-Biedenkopf und Geschäftsführer eines Mittelständischen Unternehmens die Öffentlichkeit über die prekären und umstrittenen Verhandlungen aufzuklären. Sich der Brisanz der aktuellen Verhandlungen bewusst, kontaktiert der Ökonom schriftlich den Bundestagsabgeordneten der Grünen, Jürgen Trittin. In dem an Trittin adressierten Brief schildert Schneider, wie sehr TTIP sowohl Trittins Einfluss als Mandatsträger im speziellen mindert, als auch global gesehen demokratische Handlungsspielräume zu Gunsten mächtiger Lobbyinteressen einschränkt.

Desweitern betont der stellvertretene Fraktionsvorsitzende, dass, sollten sich die USA mit ihrer neoliberalen Einstellung bei den Verhandlungen durchsetzen, die Gefahr besteht, dass gesellschaftspolitische Standards, wie Verbraucherrechte, Arbeitnehmerrechte oder Tierhaltungs- und Umweltschutzstandards auf USA-Niveau aufgeweicht werden.

TTIP wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen den transatlantischen Handel zu vereinfachen, indem verschiedene Standards in der EU und der USA angeglichen werden. Zu erwarten ist nun, dass sich der wirtschaftlichere sprich kostengünstigerer Standard durchsetzt und TTIP damit bestehende nationale und europäische Umwelt-, Klima und Verbraucherschutzstandards schwächt.

Zu bedenken geben Schneider und Trittin auch die „eigenständigen regulatorischen Kompetenzen“ die, falls sich TTIP durchsetzt, von nun an beachtet werden müssen. Diese stehen sowohl über dem europäischen Sekundärrecht, als auch über dem einfachen, nationalen Recht. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass jedes Gesetz, welches entweder in Deutschland oder Europa beschlossen worden ist, den Richtlinien der regulatorischen Kompetenzen entsprechen muss. Sonst kommt es zu einem Vertragsbruch und es müssen Vertragsstrafen an Handelspartner gezahlt und Handelssanktionen in Kauf genommen werden.

Das Risikoprinzip

Die EU-Kommission plant neue Regelungen nur dann anzuerkennen, wenn ihre Notwendigkeit einwandfrei bewiesen ist. Mit dieser Einstellung spricht sie sich für das Risikoprinzip aus, was bedeutet, dass Verbote für Produkte und Technologien in Zukunft erst erlassen werden können, wenn deren Schädlichkeit zweifelsfrei bewiesen ist.

Hinzu kommt noch, dass Interessengruppen aus Wirtschaft und Finanzwelt die Politik zu „Konsultationen“ zwingen könnte, wenn sie mit einem Gesetzesvorhaben nicht einverstanden sind. Regierungen und Parlamente würden sich durch die Angst vor Milliarden-Abfindungen für große Unternehmen erpressbar machen, so Trittin.

Fazit

Mit der regulatorischen Kooperation droht eine Machtumverteilung weg von den Parlamenten hin zu den Konzernen. Die bisher informelle Beeinflussung der europäischen Wirtschaftspolitik durch Konzerne und Banken würde nun offiziell legalisiert.

Zum Ende seines Briefes entkräftet Schneider das wohl stärkste Pro-TTIP Argument. Die Anhänger von TTIP sehen durch das Freihandelsabkommen die Wirtschaft angekurbelt und sagen ein Wirtschaftswachstum voraus. Jedoch profitieren laut dem Grünen-Politiker nur internationale Großkonzerne von der Beseitigung tarifärer Handelshemmnisse. TTIP würde also lediglich die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer machen.

Doch ist es fraglich, ob TTIP noch in der verbleibenden Amtszeit von Barack Obama unter Dach und Fach gebracht wird. Denn ob sich Amerikas zukünftiges Oberhaupt auch so überzeugt von dem Freihandelsabkommen zeigen wird, darf bezweifelt werden. Auf der Seite der Republikaner steht Donald Trump als überzeugter Globalisierungsgegner und der Demokratin Hillary Clinton hat ihre ambivalente Meinung zum Freihandelsabkommen im Wahlkampf schon viele Stimmen gekostet. 

 

Lana Klüsekamp

 


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