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Massives Tierleid entlarvt

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Jährlich sterben in Deutschland Millionen von „Nutz“tieren“ lange vor der für sie vorgesehenen Schlachtung: Millionenfaches Leid, das zumeist unentdeckt bleibt. Zurück bleiben nur ihre Kadaver, die unkontrolliert in den Tierkörperbeseitigungsanlagen landen.

Welches Ausmaß die Missstände haben, zeigen aktuell die Untersuchungsergebnisse zweier Veterinäre aus Niedersachsen (siehe Bericht der NOZ vom 22.02.2017). Sie untersuchten 75 Kadaver aus Tierkörperbeseitigungsanstalten. Die Kadaver stammten also von Tieren, die bereits im Stall und nicht auf dem Schlachthof gestorben waren. Die Veterinäre stellten bei sieben Tieren Hinweise auf massive Tierschutzverstöße fest. Diese Tiere waren wundgelegen, verhungert oder verdurstet. 15 waren unsachgemäß getötet worden.

Dass es sich hier keinesfalls um Zufallsfunde handelt, zeigen weitere Untersuchungen, wie beispielsweise eine groß angelegte Studie der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Hier bestand die Stichprobe aus insgesamt 2.000 toten Rindern und Schweinen. Auch bei dieser Untersuchung kamen grobe Tierschutzverstöße in hohem Ausmaß ans Tageslicht: Bei zehn Prozent der Rinder und 20 Prozent der Schweine wurde festgestellt, „dass die betroffenen Tiere vor dem Verenden ungerechtfertigt erhebliche Leiden und Schmerzen erdulden mussten […]“.

Diese Zahlen sind alarmierend! Wenn man die Zahlen hochrechnet, werden nachweislich mehrere Millionen Tiere in Deutschland sinnlos und ohne jegliche Belangung der Verursacher zu Tode gequält. Dabei sind die Tötungen lebensschwacher oder überzähliger Ferkel und die zahlreichen Fehlbetäubungen an Schlachthöfen noch nicht einmal mit einbezogen.

PROVIEH wird sich dafür einsetzten, dass der Tierschutz ab sofort auch am toten Tier greifen kann und Tierkadaver systematisch untersucht werden.

Kathrin Kofent

 

 


Besuch beim Ziegenhof im Wiesengrund

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Im August 2016 besuchten wir mit der Kieler Regionalgruppe den Ziegenhof im Wiesengrund bei Malente im Osten Schleswig-Holsteins. Bärbel Lorenzen gab uns eine umfangreiche und interessante Hofführung.

Den inmitten der hügeligen Landschaft der Holsteinischen Schweiz gelegenen Hof hat Familie Lorenzen 2006 von den Eltern übernommen und direkt auf Bio umgestellt. Angefangen mit einer Ziegenzucht, wurde 2008 eine Käserei angebaut und ein Jahr später der erste Ziegenkäse produziert. Als zweites Standbein sollte eine Schweinezucht aufgebaut werden. Doch beim Versuch, eine eigene Sau der Hochleistungsrasse Pietrain mit einem Angler Sattelschwein zu kreuzen, erlitt die Sau einen Herzinfarkt. „Diese Schweine sind nicht stressstabil und können nichts ab“, so Frau Lorenzen. Also folgte die Familie dem Rat, sich doch mal bei der Arche Warder nach einer robusteren Schweinerasse umzusehen. Dort stieß sie auf die Bunten Bentheimer Schweine und nahm direkt einige Ferkel mit. Der Unterschied fiel sofort auf: „Da kann man mit einem Trecker an denen vorbeifahren oder es knallt mal irgendwo, das interessiert die gar nicht. Bei denen fällt keiner tot um und kriegt einen Herzinfarkt.“

Diese positive Erfahrung mit einer alten Haustierrasse inspirierte die Lorenzens schließlich dazu, eine Nutztierarche aufzubauen. Der Gedanke hinter der Nutztierarche, welche durch den Verein VIEH (Vielfältige Initiative zur Erhaltung gefährdeter Haustierrassen) ins Leben gerufen wurde, ist es, alte gefährdete Rassen durch Züchtung und Nutzung sowie durch den bewussten Konsum ihrer Produkte wieder bekannt zu machen und somit zu erhalten. Höfe, die sich Nutztierarche nennen und das Logo verwenden dürfen, müssen neben der reinen Züchtung dieser Tiere auch weitere Richtlinien einhalten: Massentierhaltung, Spaltenboden und Hochleistungsfutter sind tabu, stattdessen leben die Tiere in Freiland- beziehungsweise Auslaufhaltung, schlafen auf Einstreu und Wassergeflügel hat Zugang zu Bademöglichkeiten. Somit wird versucht, die alten „Nutz“tierrassen so natürlich und ursprünglich wie möglich zu halten.

Neben den Bentheimer Schweinen leben auf dem Ziegenhof mittlerweile auch Diepholzer Gänse, Sundheimer Hühner, Pommernenten, Hinterwälder Rinder und Rauhwollige Pommersche Landschafe - allesamt gefährdete Haustierrassen. Frau Lorenzen schwärmt von der guten Qualität und dem Geschmack der Produkte und hebt vor allem die vielfältige Nutzbarkeit hervor. So können beispielsweise von den Sundheimer Hühnern Fleisch und Eier konsumiert werden.

Ihre Produkte vermarktet Familie Lorenzen überwiegend direkt. Nur etwas Wurst und Käse geht an umliegende Biomärkte und alle zwei Wochen fährt Frau Lorenzen zum Wochenmarkt nach Eutin. Ein Großteil der Produkte wird von Stammkunden abgenommen, beispielsweise über das so genannte Schweine-Leasing.

Den Ziegenhof im Wiesengrund haben wir als herausragendes Beispiel für eine tierfreundliche „Nutz“tierhaltung wahrgenommen. Alle Tiere leben ganzjährig in Weidehaltung – auch die Schweine. „Klar pflügen die Schweine alles um, aber wenn man sie rechtzeitig umweidet, fressen sie eigentlich mehr das Gras“, sagt Frau Lorenzen, die überzeugt davon ist, dass sich auch Schweine problemlos auf der Weide halten lassen. Was uns besonders positiv auffiel, ist der äußerst liebevolle Umgang mit den Tieren, den wir vor allem bei den Ziegen und Schweinen live miterleben konnten und wir ließen es uns natürlich nicht nehmen, die Tiere selbst mit ein paar Streicheleinheiten zu verwöhnen. „Wir versuchen, es mit allen Tieren so zu handhaben, dass sie die bestmöglichen Lebensumstände haben. Wenn sie schon geschlachtet werden, sollen sie es wenigstens gut haben,“ so Frau Lorenzen.

Catriona Lenk, Regionalgruppe Kiel

www.ziegenhof-im-wiesengrund.de

Fotos: Catriona Lenk

Was ist eigentlich Schweine-Leasing?

Sowohl der Ziegenhof im Wiesengrund als auch der Hausberghof, wie zahlreiche andere Höfe, bieten das sogenannte Schweine-Leasing an. Bei dem Schweine- oder Tier-Leasing handelt es sich um eine Form der Lohnhaltung für jemanden, der selbst nicht in der Lage ist, ein Tier zu halten. So erkauft sich der Verbraucher zum Beispiel Rechte an einem Schwein, einem Rind oder einem Huhn und bekommt dafür vom Landwirt Fleisch, Milch oder Eier.

Auch wenn das Wort Leasing auf den ersten Blick befremden mag, ist diese Art der Vermarktung für den Landwirt eine gute Möglichkeit, das Ideal einer wirklich artgerechten Tierhaltung zu realisieren und wirtschaftlich auf sicheren Beinen zu stehen. Oft ist die Rentabilität im Bio-Bereich gering und der ökonomische Druck auf die Landwirte sehr hoch. So mancher Bio-Bauer gibt desillusioniert auf oder geht einen Weg, der mit den Idealen der biologischen Bewirtschaftung, vor allem der Tierhaltung, nicht mehr viel gemein hat. Beispiele hierfür gibt es leider zuhauf. Die Leasing-Idee schafft eine Möglichkeit weitgehend unabhängig vom Markt zu sein, denn durch feste Abnahmen kann der Landwirt besser planen und sich absichern.
 

Wie läuft das Schweine-Leasing ab?

Der Kunde meldet sich auf dem Hof an, entweder persönlich oder online. Wenn das Tier, zum Beispiel ein Ferkel, auf der Welt ist, wird er benachrichtigt. Auf den Höfen, die Tier-Leasing anbieten, darf sich der Kunde meist gerne vor Ort ein Ferkel aussuchen oder bekommt eines zugeteilt. Der Kunde leistet einmalig eine Anzahlung auf „sein“ Ferkel und je nach Vertrag außerdem monatlich einen festen Betrag als Verpflegungsgeld. Wenn das Schwein geschlachtet werden soll, spricht der Kunde mit dem Metzger über die Möglichkeiten der Verarbeitung und es wird noch einmal ein Betrag für dessen Arbeit fällig. Nach der Schlachtung wird dem Kunden das Fleisch truhenfertig für einen festen Kilopreis übergeben.

Die Möglichkeit, das „eigene“ Schwein jederzeit besuchen zu können und das Wissen, am Ende ein bestimmtes Schwein zu essen, kann zwar auf der einen Seite einen schmerzhaften Beigeschmack haben, aber so weiß man ganz genau, wo das Fleisch herkommt. Zudem erhöht das Schweine-Leasing auf der anderen Seite das Bewusstsein dafür, tatsächlich ein Tier vor sich auf dem Teller zu haben und nicht nur ein anonymes Stück Fleisch – etwas, das sich jeder Fleischesser bewusst machen sollte.

 

Wichtige Entscheidung für Mast- und Zuchtkaninchen

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Am 14. März entscheidet das EU-Parlament über das zukünftige Leben und Leiden der europäischen Mast- und Zuchtkaninchen.

In einem ersten Etappensieg wurde im Januar im Agrarausschuss eine Verbesserung der Haltungsbedingungen befürwortet. Der Initiativbericht von Parlamentsmitglied Stefan B. Eck  „Mindestanforderungen für den Schutz von „Nutz“kaninchen“ trug dazu maßgeblich bei und wurde in Teilen anerkannt.  PROVIEH berichtete: http://www.provieh.de/hoffnung-fuer-europas-langohren.

Um endgültig Verbesserungen erreichen zu können, müssen am 14. März die 751 Parlamentsmitglieder mehrheitlich für die Anerkennung des Initiativberichtes in seiner Gesamtheit stimmen. Dadurch könnte die Europäische Kommission dann offiziell aufgefordert werden, innerhalb eines angemessenen  Zeitrahmens, eine Gesetzgebung über Rechtsvorschriften zur Festlegung von Mindestnormen für den Schutz von Kaninchen festzulegen.

Bitte unterstützen auch Sie den positiven Verlauf der Abstimmung! Kontaktieren Sie noch heute so viele Parlamentsmitglieder (MEPs) wie möglich. Nutzen Sie dazu den vorgefertigten Brief von Stefan B. Eck und senden Sie diesen an so viele MEPs wie möglich. Hier finden Sie den Brief auf Deutsch und Englisch und die E-Mail-Adressen der MEPs.

Und/oder unterstützen Sie den Petitionsbrief von Animal Equality.

Sieg für den Tierschutz: EU-Parlament stimmt für Kaninchenwohl!

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Nach langem Kampf und harter Überzeugungsarbeit stimmte am 14. März das Europäische Parlament für eine Verbesserung der Haltungsbedingungen von Mast- und Zuchtkaninchen. Der zuvor sehr umstrittene Initiativbericht von Parlamentsmitglied Stefan B. Eck wurde in allen Punkten anerkannt.

Als direkte Folge kann nun die Europäische Kommission offiziell aufgefordert werden, eine Gesetzgebung zur Festlegung von Mindestnormen für den Schutz von Kaninchen zu erarbeiten. Diese Entscheidung ist ein großartiger Erfolg!

In Europa leiden mehr als 330 Millionen Kaninchen unter tierquälerischen Haltungsbedingungen in Käfigen. In den wenigsten Ländern gibt es überhaupt Haltungsvorschriften. PROVIEH forderte gemeinsam mit weiteren europäischen Tierschutzorganisationen sowie Stefan B. Eck eine Beendigung der Käfighaltung für Kaninchen. Der heutige Parlamentsbeschluss ist ein wichtiger Etappensieg und ein großer Schritt für den Tierschutz.

„Die Käfighaltung ist tierschutzwidrig. Was unterscheidet also Kaninchen von Legehennen? Das EU-Parlament hat diese Absurdität erkannt und ein deutliches Zeichen für den Tierschutz gesetzt. Eine EU-weite gesetzliche Regelung  zur Haltung von Kaninchen würde auf einen Schlag über 330 Millionen Tiere schützen“, sagt Prof. Dr. Sievert Lorenzen, erster Vorstandsvorsitzender von PROVIEH.

Wir werden uns nun dafür stark machen, dass die EU-Kommission überzeugt wird und sich in der Pflicht sieht zum Wohle der Kaninchen zu handeln.

Kathrin Kofent 

15.03.2017

Artgemäße Schweinehaltung auf dem Hausberghof

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Man hat das Gefühl bis zum äußersten Ende Bayerns zu fahren. Nach der Autobahnausfahrt Dingolfing geht es noch eine weitere Stunde durch kleine Orte und über kurvige Straßen. Auf einer Anhöhe im Rottal, in einer der schönsten Landschaften Niederbayerns, liegt er dann: der Hausberghof.

Wenn man es an der wehrhaften Gänseschar vorbei geschafft hat, darf man etwas genießen, was heute, auch in Süddeutschland, selten geworden ist: Alle Tiere des Hofes leben in Freilandhaltung. Gerade Niederbayern ist dicht von Mastställen besiedelt.

Der biologisch arbeitende Betrieb wird von Anton Dapont und seiner Lebensgefährtin Gudrun Bielmeier bewirtschaftet. Beide sind Quereinsteiger. Gudrun war Konzertpianistin, Anton Geschäftsführer einer Recyclingfirma. Mit Anfang 50 war es dann genug, Anton gab seinen bisherigen Beruf auf und erfüllte sich den Traum von einer eigenen Landwirtschaft. Aufgewachsen in Vorarlberg hat er bereits als Bub auf Bergbauernhöfen gearbeitet, er wusste was ihn in der Landwirtschaft erwartet. Zudem war ihm von vornherein klar, dass er nicht dem konventionellen Weg folgen würde. Der Respekt vor dem Leben stand und steht für ihn auf dem Hof immer im Vordergrund.

Wo Schweine noch Schweine sein dürfen

Zunächst musste Anton jedoch eine Nische finden, in welcher sich das Konzept Nahrungsmittel ohne Zusatz von Chemie oder Pestiziden zu erzeugen und Fleischwaren von Tieren, die nicht gemästet werden sondern sich langsam entwickeln können – also ökologische und artgerechte Tierhaltung – verwirklichen lässt. So kam man auf Idee des Tier-Leasings.

Der Hausberghof begann seinen Weg mit Turopolje-Schweinen. Die Tiere, welche aus der Region Sawe in Kroatien kommen, sind robust, freundlich und ihr Fleisch ist von besonderer Qualität. Außerdem eignen sie sich bestens für die extensive Weidehaltung. Auch die Muttereigenschaften der Sauen sind hervorragend. Ein Grund für die Wahl des Turopolje-Schweins war auch, dass diese auf der Liste der bedrohten Haustierrassen stehen. Vor allem in den 90er Jahren, während des Balkan-Krieges, wurde die Zahl der reinrassigen Turopoljes stark dezimiert. Der Hausberghof will auch hier ein Zeichen setzen und alte Nutztierrassen bewahren.

Heute sorgen, neben Aubrauc-Rindern, Schafen und Hühnern, sieben Zuchtsauen auf 20 Hektar für genügend Nachwuchs. Sie leben ganzjährig im Freien, auch die Abferkelung findet draußen statt.  Zum Schutz vor Witterung stehen komfortabel eingestreute Hütten auf jeder Weide. Nur wenn es sehr kalt ist, kommen die Sauen manchmal für ein paar Tage mit ihren Frischlingen in eine Box. Die Sauen kennen sich von Kindesbeinen an und können deshalb jederzeit zusammen, in einer Rotte gehalten werden, wenn sie keine Ferkel führen. „Die Pflege von Weideschweinen“, sagt Anton „ist an sich keine aufwändige Geschichte, da Schweine sehr reinliche Tiere sind.“ Schlaf- und Fressplatz werden penibel sauber gehalten, gekotet wird immer an derselben Stelle.

Gedeckt werden die Damen von einem Eber, der ebenso frei läuft und mit der Sau seine Zeit verbringen darf, die gerade „in Stimmung“ ist. Trächtig werden die Zuchttiere im Durchschnitt drei Mal in zwei Jahren und zum Eber darf nur wer fit ist. Anton und Gudrun sehen sich ihre Sauen genau an und sorgen dafür, dass sie auch wieder ordentlich an Gewicht zulegen, wenn die Ferkel entwöhnt sind. Peggy, die älteste Dame derzeit, ist acht Jahre alt. Sie darf als erste Sau auf dem Hof hier ihren Lebensabend verbringen.

Gefüttert werden die Muttersauen im Sommer mit selbst gemähtem Gras, Obst und Brot von einer befreundeten Bäckerei. Im Winter besteht die Hauptmahlzeit aus gekochten Kartoffeln.

 „Ein sorgenfreies Schweineleben (bis zum Schluss)“

„Die betäubungslose Kastration ist auf dem Hausberghof kein Thema. Die männlichen Ferkel werden zwar kastriert, aber das von einer Tierärztin, die sie fachmännisch narkotisiert und nachbehandelt, genau wie unsere Haustiere. Nur das Einfangen der Ferkel stellt bisweilen eine große sportliche Herausforderung dar“, lacht Anton.

Wie auch in industriellen Betrieben ist es nicht möglich, alles, also Ferkel- „erzeugung“ und –aufzucht, unter einem Dach zu haben. Hier haben sich Anton und Gudrun mit zwei niederbayerischen Landwirten zusammen getan, welche nach den gleichen Grundsätzen Schweinehaltung betreiben und die Jungtiere aufziehen - in Freilandhaltung mit Hütten. Gefüttert wird auch hier mit hofeigenem Futter und Getreide.

Auch der Transport und die Schlachtung folgen höchsten Grundsätzen, und Stressvermeidung hat oberste Priorität. Die kleine Metzgerei befindet sich in einem nicht weit entfernten Ort und schlachtet nur einmal pro Woche. Auf dem Hausberghof werden bereits die Ferkel vor ihrem ersten Transport zur Aufzucht an den Transporter gewöhnt und in diesem schon Tage vorher gefüttert. Die Rotten bleiben immer zusammen. Selbst der Metzger ist immer wieder überrascht, wie ruhig die Schweine sind, erzählt uns Anton.

Die Idee bewährt sich. Wegen der großen Nachfrage nach Fleisch aus tiergerechter Haltung liegen die Wartezeiten für ein Ferkel derzeit bei etwa einem Jahr. Auf die Frage, ob man hier nicht der Versuchung erliege zu expandieren, erwidern Gudrun und Anton, das sei mit der momentan zur Verfügung stehenden Fläche nicht möglich, wenn man seinen Idealen nicht untreu werden will. Ein Ziel sei jedoch, mehr Landwirte für diese Art der extensiven Bewirtschaftung und Vermarktung zu gewinnen und ein größeres Netzwerk zu schaffen.

Wenn man sich die lebensfrohen Schweine hier auf dem Hof anschaut, kommt einem als Gast natürlich unweigerlich der Gedanke, ob denn alle Besteller ihr Schwein dann tatsächlich schlachten lassen, oder ob schon mal ein Kunde einen Rückzieher gemacht hat. Das sei noch nie vorgekommen, verneint Anton, da ja gerade Menschen, die sich zu diesem Weg entschließen, eben sehr genau darüber nachdächten was auf ihrem Teller landen soll.

Edith Mews, PROVIEH-Regionalgruppe München

Fotos: Edith Mews

 

 

 

Kühe in Indien – Heiligtum oder Leckerbissen

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Mit den Straßen der indischen Hauptstadt Neu-Delhi assoziieren viele von uns ein totales Verkehrschaos, große Menschenmengen und: Kühe. Im totalen Gedränge der Autos stehen sie fast überheblich da und schauen unbekümmert in die Gegend. Da fällt es schwer zu glauben, jemand könnte hier den heiligen Tieren etwas zu Leide tun. Doch tatsächlich steht Indien seit 2014 auf Platz Eins der führenden Rindfleischexporteure und Milchproduzenten.

Auf den ersten Blick scheint es ein Widerspruch in sich zu sein. Die Kuh wird in den meisten Regionen Indiens als heilig angesehen. Es ist überwiegend verboten, sie zu töten oder ihr auf jegliche Weise Schaden zuzufügen. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich die Tiere kreuz und quer völlig frei durch den Verkehr bewegen dürfen. So können sich die Kühe von Nahrungsmitteln am Straßenrand ernähren, während niemand auf die Idee kommen würde, sie dabei zu stören. Die Verletzung oder Tötung einer Kuh gilt im Hinduismus sogar als Mord. Außerdem sei die Kuh eine Lebensspenderin. Sie verdient es, bis zum letzten Tag ihres Lebens gepflegt zu werden und in einem eigenen Altenheim glücklich zu sterben, so die Überzeugung der Hindus. Darüber hinaus haben jegliche Gaben des Tieres für die meisten Inder eine religiöse Bedeutung. Überraschenderweise erlebte Indiens Landwirtschaft aber in den letzten Jahren eine Wendung. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Export von Rindfleisch mehr als verdreifacht. Ähnlich erging es der Milchproduktion, die heutzutage den wichtigsten Agrarzweig Indiens darstellt. Jährlich exportiert Indien mehr als 150 Millionen Tonnen Milch und über zwei Millionen Tonnen Rindfleisch.

Religiöse Unterschiede

Diese Entwicklung führt zu Spannungen innerhalb des Landes. Hindu-Nationalisten kämpfen für ein landesweites Verbot zur Schlachtung der Kühe. Radikale Gruppen verüben sogar gewalttätige Angriffe auf Fleischtransporter, bedrohen Verkäufer und behindern die Arbeit an Schlachthöfen. Ihr Ziel ist es, diese Entwicklung zu stoppen. In Indien gibt es aber natürlich nicht nur Hindus, sondern auch große Gruppen von Christen und Muslimen. Ihnen ist das Töten von Rindern nicht verboten, wodurch vor allem Personen dieser Bevölkerungsgruppen die Arbeit mit den Kühen übernehmen. Einige setzen sich dafür ein, die Rindfleischbranche auszuweiten. Hinzu kommt, dass das Rindfleisch für ärmere Bevölkerungsgruppen oft eine günstige Alternative zu Geflügelfleisch darstellt.

Definition „Rindfleisch“

Bei der Frage nach den Ursachen für das rasante Wachstum des Rindfleischexports spielt die genaue Bedeutung des Wortes „Rindfleisch“ eine wichtige Rolle. Indien verfügt über eine große Population an Wasserbüffeln, die als Büffelfleisch- und Milch in die öffentlichen Statistiken miteingehen.  Ebendiese sind offiziell die Hauptquelle des Rindfleisches sowie der produzierten Milch und werden in Indien nicht als Kühe oder heilige Tiere angesehen.

Gesetzliche Bedingungen

Darüber hinaus unterscheiden sich die Heiligkeit der Kuh sowie die Schlachtvorschriften in den unterschiedlichen Bundesstaaten Indiens. In einigen Regionen ist das Töten von Kühen strengstens verboten. In dem Bundesstaat Andhra Pradesh ist es aber beispielsweise erlaubt, ältere Bullen zu schlachten, die als „unproduktiv“ gelten und keine Arbeit mehr verrichten können. So werden viele Rinder oft in die Regionen transportiert, in denen die Regierung eine Schlachtung duldet. Außerdem besteht der begründete Verdacht, dass neben den von der Regierung freigegebenen Schlachthöfen auch illegale Schlachthöfe existieren. Auf diese Weise ist es möglich, die als heilig geltenden Tiere über Umwege doch auf den Teller zu bringen.

Nicht alle Kühe in Indien haben also das Glück, als heilige Geschöpfe die Straßen zu erobern und unbeschwert zu altern. Auch in Indien werden sie zahlreich als „Nutz“tiere gehalten. Und es könnte durchaus möglich sein, dass sich dieser Industriezweig noch wesentlich vergrößert.

                                                                                                                       Rieke Goetz

Fotos: pixabay

Viele ausländische Ferkelerzeuger müssen ab 2019 mit Betäubung kastrieren.

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Ausländische Ferkelerzeuger, die QS- (Qualität und Sicherheit) zertifizierte Betriebe in Deutschland beliefern, dürfen ab Januar 2019 nur noch mit Betäubung kastrieren.

Auch Ferkel aus Dänemark oder den Niederlanden müssen ab 2019 nach den neuen gesetzlichen Vorgaben in Deutschland kastriert werden, wenn sie für den deutschen Markt bestimmt sind und das QS-Siegel tragen. Das heißt, auch ausländische Ferkel müssen unter Betäubung kastriert werden, wenn sie der Vermarktungskette von QS angehören. Dies ist bei 90 Prozent der Fleischwaren in Deutschland der Fall.

Diese Regelung kann auch nicht durch Fleischimporte umgangen werden, denn die QS-Vorgabe gilt auch für ausländisches Schweinefleisch, das von Ferkeln stammt, die chirurgisch kastriert sind. Im gesamten QS-System dürfen Schweinefleisch und Schlachtschweine ab 2019 nur vermarktet werden, wenn die Ferkel entsprechend den deutschen Gesetzesvorgaben kastriert worden sind.

Betäubungsverfahren bei der Ferkelkastration

Leider darf QS keine Vorgabe zu akzeptablen Betäubungsverfahren machen, denn das Gesetz spricht nur vom „Verbot der betäubungslosen Kastration“, regelt aber nicht die einzelnen Verfahren, die in der EU angewendet werden. Deshalb muss die umstrittene CO2-Betäubung, die in den Niederlanden eingesetzt wird, auch akzeptiert werden. Die Kastration unter CO2 führt zu Reizungen der Atemwege, zu Herzproblemen und Erstickungsanfällen, ohne dabei eine ausreichend lange Schmerzausschaltung zu gewährleisten.

Welche Verfahren stehen in Deutschland momentan zur Verfügung?

In Deutschland ist noch nicht abschließend geklärt, welche  Betäubungs- und Schmerzausschaltungsverfahren eingesetzt werden dürfen.

Die einzigen zugelassenen Verfahren sind:

  • Die Immunokastration

Aus Tierschutzsicht die Methode der Wahl, da sie den minimalsten Eingriff am Tier darstellt. Männliche Schweine bekommen im Abstand von mindestens vier Wochen zwei Injektionen. Die Hoden werden nicht chirurgisch entfernt.

  • Die chirurgische Kastration unter Vollnarkose mit anschließender Gabe von Schmerzmittel

Die Hoden der männlichen Ferkel werden chirurgisch entfernt. Zur Linderung des Kastrationsschmerzes werden nach dem Eingriff Schmerzmittel (sogenannte NSAR, die auch bei der Schmerzbehandlung von Menschen angewendet werden, zum Beispiel Ibuprofen, Diclofenac) eingesetzt.

Die Nachschlafphase stellt hier das größte Problem dar. Die Ferkel können dabei unterkühlen und verpassen eine „Mahlzeit“. Schwache Ferkel leiden hierbei besonders und es kommt nicht selten zu Todesfällen.

Es gibt weitere Verfahren

Die  Betäubung durch eine Inhalationsnarkose mit Isofluran darf nur vom Tierarzt ausgeführt werden. Sie weist erhebliche Schwachstellen auf, denn die Betäubungswirkung ist stark abhängig vom richtigen Sitz der Atemmaske und dem Gewicht der Ferkel. Bei den über drei Kilogramm schweren Tieren sind nur noch 71,5 Prozent wirklich betäubt. Mehrere Studien zeigen, dass bei Ferkeln im Alter von sieben Tagen nur noch 61 Prozent und mit acht Tagen nur noch 55 Prozent ausreichend betäubt sind. Auch hier ist die Gabe von NSAR zwingend notwendig.

Die Lokalanästhesie, besser bekannt als örtliche Betäubung, mit dem Wirkstoff Procain, ist weder in Deutschland zur Kastration von Ferkeln zugelassen, noch erfüllt die den Anspruch der Schmerzausschaltung. Daher ist sie aus Sicht des Tierschutzes abzulehnen.

Zuletzt bleibt natürlich die Methode der Ebermast als Königsweg. Hier bleibt das männliche Tier von jeglichen Eingriffen verschont. Diese Art der Haltung bedarf allerdings einer sehr guten Betreuung durch den Tierhalter, viel Erfahrung und einem gut funktionierenden Management. Zudem müssen Eberfleisch-Abnehmer zur Verfügung stehen.

Angela Dinter

 

 

Das Walliser Schwarznasenschaf

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Die Walliser Schwarznasenschafe aus der Schweiz werden im Volksmund auch „Ghornuti“ genannt – „gehörnte Schafe“. Beide Geschlechter tragen wunderschöne spiralförmig gedrehte Hörner, die vom Kopf seitlich abstehen. Je älter die Tiere sind, desto länger können die Hörner werden.

Außergewöhnliches Aussehen

Neben den korkenzieherförmigen Hörnern heben sich die, vorwiegend im Oberwallis gehaltenen, Schafe durch ihre ungewöhnliche Farbgebung von anderen Artgenossen ab. Sie zählen mit gutem Grund zu den allerschönsten Schafrassen. Das Schwarznasenschaf stammt vom ausgestorbenen Vispertalerschaf ab, und hat einen weißen Körper mit charakteristisch schwarzen Bereichen an Kopf und Beinen. Die langgliedrigen Beine sind bis über die Knöchel schwarzgestiefelt und an den Knien punktuell schwarz gefärbt. Die schwarzen Flächen am Kopf umfassen die gekrümmte Nase (Ramsnase) bis über die Augen sowie die kompletten Ohren. Die weiblichen Tiere verfügen zusätzlich über eine schwarze Schwanzpartie.

Neben ihrem außergewöhnlichen Aussehen punkten die Schafe durch ihre ruhige freundliche Art. Walliser Schwarznasenschafe sind zudem kräftig und sehr genügsam. Die robusten Tiere sind gute Kletterer und sie kommen hervorragend auf mageren kargen Gebirgsweiden zurecht. Schwarznasenschafe sind asaisonal trächtig und verfügen über sehr gute Muttereigenschaften.

Gute Kletterer

Schwarznasenschafe sind am ganzen Körper inklusive Beinen und Kopf gleichmäßig mit Wolle bedeckt. Diese ist für eine Gebirgsrasse ungewöhnlich dicht und lässt sich besonders gut weiterverarbeiten. Die Tiere liefern ungefähr vier Kilogramm Wolle im Jahr. Sie besteht aus langen, rauen Fasern, welche häufig eine Länge von mehr als zehn Zentimetern erreichen. Neben der Wolle liefern die Tiere Milch und Fleisch, sind aber aufgrund ihrer Genügsamkeit und ihren hervorragenden Klettereigenschaften auch sehr gut als Landschaftspfleger, vor allem in unwegsamen Gegenden, geeignet.

Bei Schafen bilden die weiblichen Tiere kleine Gruppen zusammen mit den Jungtieren. Die Schafböcke bleiben alleine oder schließen sich ebenfalls zu kleinen Gruppen mit einer strengen Rangordnung zusammen, welche durch die Horngröße und/oder Kämpfe festgelegt wird. Ab einer Anzahl von sieben Tieren spricht man von einer Schafherde. 
 

Steckbrief

Die weiblichen Schafe, Auen oder Zibben genannt, wiegen ungefähr 70 bis 80 Kilogramm. Die männlichen Tiere, Böcke oder Widder, werden bis zu 100 Kilogramm schwer. Schafe können bis zu zwölf Jahre alt werden.
Das Walliser Schwarznasenschaf gibt es seit dem 15. Jahrhundert. Die Rasse wurde aber erst 1962 anerkannt und zwei Jahre später in den Schweizer Schafzuchtverband aufgenommen. Die Tiere sind durch ihren Körperbau und die Behornung sowie die robuste Wolle relativ nah an der Wildform der Urschafe und gelten daher als primitive Schafsrasse.


Sandra Lemmerz

 

Fotos oben und Mitte: © Fotolia_eyetronic, Foto unten: © pixabay


Massives Tierleid entlarvt

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Jährlich sterben in Deutschland Millionen von „Nutz“tieren“ lange vor der für sie vorgesehenen Schlachtung: Millionenfaches Leid, das zumeist unentdeckt bleibt. Zurück bleiben nur ihre Kadaver, die unkontrolliert in den Tierkörperbeseitigungsanlagen landen.

Welches Ausmaß die Missstände haben, zeigen aktuell die Untersuchungsergebnisse zweier Veterinäre aus Niedersachsen (siehe Bericht der NOZ vom 22.02.2017). Sie untersuchten 75 Kadaver aus Tierkörperbeseitigungsanstalten. Die Kadaver stammten also von Tieren, die bereits im Stall und nicht auf dem Schlachthof gestorben waren. Die Veterinäre stellten bei sieben Tieren Hinweise auf massive Tierschutzverstöße fest. Diese Tiere waren wundgelegen, verhungert oder verdurstet. 15 waren unsachgemäß getötet worden.

Dass es sich hier keinesfalls um Zufallsfunde handelt, zeigen weitere Untersuchungen, wie beispielsweise eine groß angelegte Studie der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Hier bestand die Stichprobe aus insgesamt 2.000 toten Rindern und Schweinen. Auch bei dieser Untersuchung kamen grobe Tierschutzverstöße in hohem Ausmaß ans Tageslicht: Bei zehn Prozent der Rinder und 20 Prozent der Schweine wurde festgestellt, „dass die betroffenen Tiere vor dem Verenden ungerechtfertigt erhebliche Leiden und Schmerzen erdulden mussten […]“.

Diese Zahlen sind alarmierend! Wenn man die Zahlen hochrechnet, werden nachweislich mehrere Millionen Tiere in Deutschland sinnlos und ohne jegliche Belangung der Verursacher zu Tode gequält. Dabei sind die Tötungen lebensschwacher oder überzähliger Ferkel und die zahlreichen Fehlbetäubungen an Schlachthöfen noch nicht einmal mit einbezogen.

PROVIEH wird sich dafür einsetzten, dass der Tierschutz ab sofort auch am toten Tier greifen kann und Tierkadaver systematisch untersucht werden.

Kathrin Kofent

 

 

Besuch beim Ziegenhof im Wiesengrund

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Im August 2016 besuchten wir mit der Kieler Regionalgruppe den Ziegenhof im Wiesengrund bei Malente im Osten Schleswig-Holsteins. Bärbel Lorenzen gab uns eine umfangreiche und interessante Hofführung.

Den inmitten der hügeligen Landschaft der Holsteinischen Schweiz gelegenen Hof hat Familie Lorenzen 2006 von den Eltern übernommen und direkt auf Bio umgestellt. Angefangen mit einer Ziegenzucht, wurde 2008 eine Käserei angebaut und ein Jahr später der erste Ziegenkäse produziert. Als zweites Standbein sollte eine Schweinezucht aufgebaut werden. Doch beim Versuch, eine eigene Sau der Hochleistungsrasse Pietrain mit einem Angler Sattelschwein zu kreuzen, erlitt die Sau einen Herzinfarkt. „Diese Schweine sind nicht stressstabil und können nichts ab“, so Frau Lorenzen. Also folgte die Familie dem Rat, sich doch mal bei der Arche Warder nach einer robusteren Schweinerasse umzusehen. Dort stieß sie auf die Bunten Bentheimer Schweine und nahm direkt einige Ferkel mit. Der Unterschied fiel sofort auf: „Da kann man mit einem Trecker an denen vorbeifahren oder es knallt mal irgendwo, das interessiert die gar nicht. Bei denen fällt keiner tot um und kriegt einen Herzinfarkt.“

Diese positive Erfahrung mit einer alten Haustierrasse inspirierte die Lorenzens schließlich dazu, eine Nutztierarche aufzubauen. Der Gedanke hinter der Nutztierarche, welche durch den Verein VIEH (Vielfältige Initiative zur Erhaltung gefährdeter Haustierrassen) ins Leben gerufen wurde, ist es, alte gefährdete Rassen durch Züchtung und Nutzung sowie durch den bewussten Konsum ihrer Produkte wieder bekannt zu machen und somit zu erhalten. Höfe, die sich Nutztierarche nennen und das Logo verwenden dürfen, müssen neben der reinen Züchtung dieser Tiere auch weitere Richtlinien einhalten: Massentierhaltung, Spaltenboden und Hochleistungsfutter sind tabu, stattdessen leben die Tiere in Freiland- beziehungsweise Auslaufhaltung, schlafen auf Einstreu und Wassergeflügel hat Zugang zu Bademöglichkeiten. Somit wird versucht, die alten „Nutz“tierrassen so natürlich und ursprünglich wie möglich zu halten.

Neben den Bentheimer Schweinen leben auf dem Ziegenhof mittlerweile auch Diepholzer Gänse, Sundheimer Hühner, Pommernenten, Hinterwälder Rinder und Rauhwollige Pommersche Landschafe - allesamt gefährdete Haustierrassen. Frau Lorenzen schwärmt von der guten Qualität und dem Geschmack der Produkte und hebt vor allem die vielfältige Nutzbarkeit hervor. So können beispielsweise von den Sundheimer Hühnern Fleisch und Eier konsumiert werden.

Ihre Produkte vermarktet Familie Lorenzen überwiegend direkt. Nur etwas Wurst und Käse geht an umliegende Biomärkte und alle zwei Wochen fährt Frau Lorenzen zum Wochenmarkt nach Eutin. Ein Großteil der Produkte wird von Stammkunden abgenommen, beispielsweise über das so genannte Schweine-Leasing.

Den Ziegenhof im Wiesengrund haben wir als herausragendes Beispiel für eine tierfreundliche „Nutz“tierhaltung wahrgenommen. Alle Tiere leben ganzjährig in Weidehaltung – auch die Schweine. „Klar pflügen die Schweine alles um, aber wenn man sie rechtzeitig umweidet, fressen sie eigentlich mehr das Gras“, sagt Frau Lorenzen, die überzeugt davon ist, dass sich auch Schweine problemlos auf der Weide halten lassen. Was uns besonders positiv auffiel, ist der äußerst liebevolle Umgang mit den Tieren, den wir vor allem bei den Ziegen und Schweinen live miterleben konnten und wir ließen es uns natürlich nicht nehmen, die Tiere selbst mit ein paar Streicheleinheiten zu verwöhnen. „Wir versuchen, es mit allen Tieren so zu handhaben, dass sie die bestmöglichen Lebensumstände haben. Wenn sie schon geschlachtet werden, sollen sie es wenigstens gut haben,“ so Frau Lorenzen.

Catriona Lenk, Regionalgruppe Kiel

www.ziegenhof-im-wiesengrund.de

Fotos: Catriona Lenk

Was ist eigentlich Schweine-Leasing?

Sowohl der Ziegenhof im Wiesengrund als auch der Hausberghof, wie zahlreiche andere Höfe, bieten das sogenannte Schweine-Leasing an. Bei dem Schweine- oder Tier-Leasing handelt es sich um eine Form der Lohnhaltung für jemanden, der selbst nicht in der Lage ist, ein Tier zu halten. So erkauft sich der Verbraucher zum Beispiel Rechte an einem Schwein, einem Rind oder einem Huhn und bekommt dafür vom Landwirt Fleisch, Milch oder Eier.

Auch wenn das Wort Leasing auf den ersten Blick befremden mag, ist diese Art der Vermarktung für den Landwirt eine gute Möglichkeit, das Ideal einer wirklich artgerechten Tierhaltung zu realisieren und wirtschaftlich auf sicheren Beinen zu stehen. Oft ist die Rentabilität im Bio-Bereich gering und der ökonomische Druck auf die Landwirte sehr hoch. So mancher Bio-Bauer gibt desillusioniert auf oder geht einen Weg, der mit den Idealen der biologischen Bewirtschaftung, vor allem der Tierhaltung, nicht mehr viel gemein hat. Beispiele hierfür gibt es leider zuhauf. Die Leasing-Idee schafft eine Möglichkeit weitgehend unabhängig vom Markt zu sein, denn durch feste Abnahmen kann der Landwirt besser planen und sich absichern.
 

Wie läuft das Schweine-Leasing ab?

Der Kunde meldet sich auf dem Hof an, entweder persönlich oder online. Wenn das Tier, zum Beispiel ein Ferkel, auf der Welt ist, wird er benachrichtigt. Auf den Höfen, die Tier-Leasing anbieten, darf sich der Kunde meist gerne vor Ort ein Ferkel aussuchen oder bekommt eines zugeteilt. Der Kunde leistet einmalig eine Anzahlung auf „sein“ Ferkel und je nach Vertrag außerdem monatlich einen festen Betrag als Verpflegungsgeld. Wenn das Schwein geschlachtet werden soll, spricht der Kunde mit dem Metzger über die Möglichkeiten der Verarbeitung und es wird noch einmal ein Betrag für dessen Arbeit fällig. Nach der Schlachtung wird dem Kunden das Fleisch truhenfertig für einen festen Kilopreis übergeben.

Die Möglichkeit, das „eigene“ Schwein jederzeit besuchen zu können und das Wissen, am Ende ein bestimmtes Schwein zu essen, kann zwar auf der einen Seite einen schmerzhaften Beigeschmack haben, aber so weiß man ganz genau, wo das Fleisch herkommt. Zudem erhöht das Schweine-Leasing auf der anderen Seite das Bewusstsein dafür, tatsächlich ein Tier vor sich auf dem Teller zu haben und nicht nur ein anonymes Stück Fleisch – etwas, das sich jeder Fleischesser bewusst machen sollte.

 

Wichtige Entscheidung für Mast- und Zuchtkaninchen

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Am 14. März entscheidet das EU-Parlament über das zukünftige Leben und Leiden der europäischen Mast- und Zuchtkaninchen.

In einem ersten Etappensieg wurde im Januar im Agrarausschuss eine Verbesserung der Haltungsbedingungen befürwortet. Der Initiativbericht von Parlamentsmitglied Stefan B. Eck  „Mindestanforderungen für den Schutz von „Nutz“kaninchen“ trug dazu maßgeblich bei und wurde in Teilen anerkannt.  PROVIEH berichtete: https://provieh.de/hoffnung-fuer-europas-langohren.

Um endgültig Verbesserungen erreichen zu können, müssen am 14. März die 751 Parlamentsmitglieder mehrheitlich für die Anerkennung des Initiativberichtes in seiner Gesamtheit stimmen. Dadurch könnte die Europäische Kommission dann offiziell aufgefordert werden, innerhalb eines angemessenen  Zeitrahmens, eine Gesetzgebung über Rechtsvorschriften zur Festlegung von Mindestnormen für den Schutz von Kaninchen festzulegen.

Bitte unterstützen auch Sie den positiven Verlauf der Abstimmung! Kontaktieren Sie noch heute so viele Parlamentsmitglieder (MEPs) wie möglich. Nutzen Sie dazu den vorgefertigten Brief von Stefan B. Eck und senden Sie diesen an so viele MEPs wie möglich. Hier finden Sie den Brief auf Deutsch und Englisch und die E-Mail-Adressen der MEPs.

Und/oder unterstützen Sie den Petitionsbrief von Animal Equality.

 

Hintergrund: https://provieh.de/end-the-cage-age

Sieg für den Tierschutz: EU-Parlament stimmt für Kaninchenwohl!

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Nach langem Kampf und harter Überzeugungsarbeit stimmte am 14. März das Europäische Parlament für eine Verbesserung der Haltungsbedingungen von Mast- und Zuchtkaninchen. Der zuvor sehr umstrittene Initiativbericht von Parlamentsmitglied Stefan B. Eck wurde in allen Punkten anerkannt.

Als direkte Folge kann nun die Europäische Kommission offiziell aufgefordert werden, eine Gesetzgebung zur Festlegung von Mindestnormen für den Schutz von Kaninchen zu erarbeiten. Diese Entscheidung ist ein großartiger Erfolg!

In Europa leiden mehr als 330 Millionen Kaninchen unter tierquälerischen Haltungsbedingungen in Käfigen. In den wenigsten Ländern gibt es überhaupt Haltungsvorschriften. PROVIEH forderte gemeinsam mit weiteren europäischen Tierschutzorganisationen sowie Stefan B. Eck eine Beendigung der Käfighaltung für Kaninchen. Der heutige Parlamentsbeschluss ist ein wichtiger Etappensieg und ein großer Schritt für den Tierschutz.

„Die Käfighaltung ist tierschutzwidrig. Was unterscheidet also Kaninchen von Legehennen? Das EU-Parlament hat diese Absurdität erkannt und ein deutliches Zeichen für den Tierschutz gesetzt. Eine EU-weite gesetzliche Regelung  zur Haltung von Kaninchen würde auf einen Schlag über 330 Millionen Tiere schützen“, sagt Prof. Dr. Sievert Lorenzen, erster Vorstandsvorsitzender von PROVIEH.

Wir werden uns nun dafür stark machen, dass die EU-Kommission überzeugt wird und sich in der Pflicht sieht zum Wohle der Kaninchen zu handeln.

Kathrin Kofent 

15.03.2017

Artgemäße Schweinehaltung auf dem Hausberghof

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Man hat das Gefühl bis zum äußersten Ende Bayerns zu fahren. Nach der Autobahnausfahrt Dingolfing geht es noch eine weitere Stunde durch kleine Orte und über kurvige Straßen. Auf einer Anhöhe im Rottal, in einer der schönsten Landschaften Niederbayerns, liegt er dann: der Hausberghof.

Wenn man es an der wehrhaften Gänseschar vorbei geschafft hat, darf man etwas genießen, was heute, auch in Süddeutschland, selten geworden ist: Alle Tiere des Hofes leben in Freilandhaltung. Gerade Niederbayern ist dicht von Mastställen besiedelt.

Der biologisch arbeitende Betrieb wird von Anton Dapont und seiner Lebensgefährtin Gudrun Bielmeier bewirtschaftet. Beide sind Quereinsteiger. Gudrun war Konzertpianistin, Anton Geschäftsführer einer Recyclingfirma. Mit Anfang 50 war es dann genug, Anton gab seinen bisherigen Beruf auf und erfüllte sich den Traum von einer eigenen Landwirtschaft. Aufgewachsen in Vorarlberg hat er bereits als Bub auf Bergbauernhöfen gearbeitet, er wusste was ihn in der Landwirtschaft erwartet. Zudem war ihm von vornherein klar, dass er nicht dem konventionellen Weg folgen würde. Der Respekt vor dem Leben stand und steht für ihn auf dem Hof immer im Vordergrund.

Wo Schweine noch Schweine sein dürfen

Zunächst musste Anton jedoch eine Nische finden, in welcher sich das Konzept Nahrungsmittel ohne Zusatz von Chemie oder Pestiziden zu erzeugen und Fleischwaren von Tieren, die nicht gemästet werden sondern sich langsam entwickeln können – also ökologische und artgerechte Tierhaltung – verwirklichen lässt. So kam man auf Idee des Tier-Leasings.

Der Hausberghof begann seinen Weg mit Turopolje-Schweinen. Die Tiere, welche aus der Region Sawe in Kroatien kommen, sind robust, freundlich und ihr Fleisch ist von besonderer Qualität. Außerdem eignen sie sich bestens für die extensive Weidehaltung. Auch die Muttereigenschaften der Sauen sind hervorragend. Ein Grund für die Wahl des Turopolje-Schweins war auch, dass diese auf der Liste der bedrohten Haustierrassen stehen. Vor allem in den 90er Jahren, während des Balkan-Krieges, wurde die Zahl der reinrassigen Turopoljes stark dezimiert. Der Hausberghof will auch hier ein Zeichen setzen und alte Nutztierrassen bewahren.

Heute sorgen, neben Aubrauc-Rindern, Schafen und Hühnern, sieben Zuchtsauen auf 20 Hektar für genügend Nachwuchs. Sie leben ganzjährig im Freien, auch die Abferkelung findet draußen statt.  Zum Schutz vor Witterung stehen komfortabel eingestreute Hütten auf jeder Weide. Nur wenn es sehr kalt ist, kommen die Sauen manchmal für ein paar Tage mit ihren Frischlingen in eine Box. Die Sauen kennen sich von Kindesbeinen an und können deshalb jederzeit zusammen, in einer Rotte gehalten werden, wenn sie keine Ferkel führen. „Die Pflege von Weideschweinen“, sagt Anton „ist an sich keine aufwändige Geschichte, da Schweine sehr reinliche Tiere sind.“ Schlaf- und Fressplatz werden penibel sauber gehalten, gekotet wird immer an derselben Stelle.

Gedeckt werden die Damen von einem Eber, der ebenso frei läuft und mit der Sau seine Zeit verbringen darf, die gerade „in Stimmung“ ist. Trächtig werden die Zuchttiere im Durchschnitt drei Mal in zwei Jahren und zum Eber darf nur wer fit ist. Anton und Gudrun sehen sich ihre Sauen genau an und sorgen dafür, dass sie auch wieder ordentlich an Gewicht zulegen, wenn die Ferkel entwöhnt sind. Peggy, die älteste Dame derzeit, ist acht Jahre alt. Sie darf als erste Sau auf dem Hof hier ihren Lebensabend verbringen.

Gefüttert werden die Muttersauen im Sommer mit selbst gemähtem Gras, Obst und Brot von einer befreundeten Bäckerei. Im Winter besteht die Hauptmahlzeit aus gekochten Kartoffeln.

 „Ein sorgenfreies Schweineleben (bis zum Schluss)“

„Die betäubungslose Kastration ist auf dem Hausberghof kein Thema. Die männlichen Ferkel werden zwar kastriert, aber das von einer Tierärztin, die sie fachmännisch narkotisiert und nachbehandelt, genau wie unsere Haustiere. Nur das Einfangen der Ferkel stellt bisweilen eine große sportliche Herausforderung dar“, lacht Anton.

Wie auch in industriellen Betrieben ist es nicht möglich, alles, also Ferkel- „erzeugung“ und –aufzucht, unter einem Dach zu haben. Hier haben sich Anton und Gudrun mit zwei niederbayerischen Landwirten zusammen getan, welche nach den gleichen Grundsätzen Schweinehaltung betreiben und die Jungtiere aufziehen - in Freilandhaltung mit Hütten. Gefüttert wird auch hier mit hofeigenem Futter und Getreide.

Auch der Transport und die Schlachtung folgen höchsten Grundsätzen, und Stressvermeidung hat oberste Priorität. Die kleine Metzgerei befindet sich in einem nicht weit entfernten Ort und schlachtet nur einmal pro Woche. Auf dem Hausberghof werden bereits die Ferkel vor ihrem ersten Transport zur Aufzucht an den Transporter gewöhnt und in diesem schon Tage vorher gefüttert. Die Rotten bleiben immer zusammen. Selbst der Metzger ist immer wieder überrascht, wie ruhig die Schweine sind, erzählt uns Anton.

Die Idee bewährt sich. Wegen der großen Nachfrage nach Fleisch aus tiergerechter Haltung liegen die Wartezeiten für ein Ferkel derzeit bei etwa einem Jahr. Auf die Frage, ob man hier nicht der Versuchung erliege zu expandieren, erwidern Gudrun und Anton, das sei mit der momentan zur Verfügung stehenden Fläche nicht möglich, wenn man seinen Idealen nicht untreu werden will. Ein Ziel sei jedoch, mehr Landwirte für diese Art der extensiven Bewirtschaftung und Vermarktung zu gewinnen und ein größeres Netzwerk zu schaffen.

Wenn man sich die lebensfrohen Schweine hier auf dem Hof anschaut, kommt einem als Gast natürlich unweigerlich der Gedanke, ob denn alle Besteller ihr Schwein dann tatsächlich schlachten lassen, oder ob schon mal ein Kunde einen Rückzieher gemacht hat. Das sei noch nie vorgekommen, verneint Anton, da ja gerade Menschen, die sich zu diesem Weg entschließen, eben sehr genau darüber nachdächten was auf ihrem Teller landen soll.

Edith Mews, PROVIEH-Regionalgruppe München

Fotos: Edith Mews

 

 

 

Aktiv-Workshop: Gemeinsam für den Nutztierschutz!

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PROVIEH lädt vom 28. – 29. April 2017 zu einem zweitägigen Workshop ins NABU Gut Sunder nach Niedersachen ein. Damit knüpfen wir an den Erfolg vom Aktiventreffen 2015 an. Die Veranstaltung richtet sich an alle Regionalgruppenmitglieder und Aktive von PROVIEH, es sind aber selbstverständlich auch alle anderen Interessierten und Neuzugänge herzlich willkommen.

Der Aktiv-Workshop dient als lockeres Vernetzungstreffen zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen von PROVIEH. Wir möchten allen Ehrenamtlichen mehr Fachwissen vermitteln und ihnen Raum für Diskussionen über „Nutz“tierschutz und Tierhaltungsthemen geben. Zudem geben wir Tipps für die ehrenamtliche Arbeit. Unsere Fachreferentinnen werden den Teilnehmern differenziertes Fachwissen über verschiedene „Nutz“tiere vermitteln, über aktuelle Arbeitsschwerpunkte von PROVIEH informieren, sowie Informationen über unterschiedliche Haltungsformen geben. Schwerpunkte werden die Themen „Massentierhaltung“ und „Umwelt/Klima“, „Langstreckentransporte“ und das große Thema „Haltungskennzeichnung“ sein. Darüber hinaus wird es mit Rollenspielen, Fragerunden und interessanten Diskussionen wieder Platz geben für die praktische Tierschutzarbeit, um für mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein an den Infoständen der Ehrenamtlichen zu sorgen.

Die Umgebung des auf Umweltbildung spezialisierten NABU Gut Sunder bietet für die Teilnehmenden eine wunderschöne, naturnahe Umgebung. Die umliegenden Höfe sind prädestiniert für spannende Hofbesichtigungen.

  • Ort: NABU Gut Sunder, OT Meißendorf 29308 Winsen (https://niedersachsen.nabu.de/natur-und-landschaft/natur-erleben/gut-sunder/)
  • Wir werden im Seminarhaus übernachten: Zwei- und Mehrbettzimmer mit geteiltem Bad (es gibt eine sehr begrenzte Anzahl von Einzelzimmern, die erst ermittelt werden kann, wenn alle Anmeldungen eingegangen sind; die Kosten hierfür weichen ab; die Zuteilung erfolgt in Reihenfolge nach Anmeldungen und Verfügbarkeit) → nach Absprache!
  • Kosten: 56,50 € für eine Übernachtung und Vollverpflegung
  • Anreise: Freitag Mittag (28.04.)
  • Abreise: Samstag Nachmittag (29.04.)
    Die Anreise wird von den Teilnehmern selbst organisiert.
  • Programm 

Bei Interesse und weiteren Fragen melden Sie sich bitte bei unserer Mitarbeiterin Svenja Taube unter taube@provieh.de oder telefonisch unter 0431-2482813. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme.

Zur Online-Anmeldung

Anmeldung als pdf zum Download

Der Aktiv-Workshop befindet sich noch in der Planung. Alle neuen Informationen werden hier bekannt gegeben. Schauen Sie gerne vorbei!

 

Kühe in Indien – Heiligtum oder Leckerbissen

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Mit den Straßen der indischen Hauptstadt Neu-Delhi assoziieren viele von uns ein totales Verkehrschaos, große Menschenmengen und: Kühe. Im totalen Gedränge der Autos stehen sie fast überheblich da und schauen unbekümmert in die Gegend. Da fällt es schwer zu glauben, jemand könnte hier den heiligen Tieren etwas zu Leide tun. Doch tatsächlich steht Indien seit 2014 auf Platz Eins der führenden Rindfleischexporteure und Milchproduzenten.

Auf den ersten Blick scheint es ein Widerspruch in sich zu sein. Die Kuh wird in den meisten Regionen Indiens als heilig angesehen. Es ist überwiegend verboten, sie zu töten oder ihr auf jegliche Weise Schaden zuzufügen. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich die Tiere kreuz und quer völlig frei durch den Verkehr bewegen dürfen. So können sich die Kühe von Nahrungsmitteln am Straßenrand ernähren, während niemand auf die Idee kommen würde, sie dabei zu stören. Die Verletzung oder Tötung einer Kuh gilt im Hinduismus sogar als Mord. Außerdem sei die Kuh eine Lebensspenderin. Sie verdient es, bis zum letzten Tag ihres Lebens gepflegt zu werden und in einem eigenen Altenheim glücklich zu sterben, so die Überzeugung der Hindus. Darüber hinaus haben jegliche Gaben des Tieres für die meisten Inder eine religiöse Bedeutung. Überraschenderweise erlebte Indiens Landwirtschaft aber in den letzten Jahren eine Wendung. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Export von Rindfleisch mehr als verdreifacht. Ähnlich erging es der Milchproduktion, die heutzutage den wichtigsten Agrarzweig Indiens darstellt. Jährlich exportiert Indien mehr als 150 Millionen Tonnen Milch und über zwei Millionen Tonnen Rindfleisch.

Religiöse Unterschiede

Diese Entwicklung führt zu Spannungen innerhalb des Landes. Hindu-Nationalisten kämpfen für ein landesweites Verbot zur Schlachtung der Kühe. Radikale Gruppen verüben sogar gewalttätige Angriffe auf Fleischtransporter, bedrohen Verkäufer und behindern die Arbeit an Schlachthöfen. Ihr Ziel ist es, diese Entwicklung zu stoppen. In Indien gibt es aber natürlich nicht nur Hindus, sondern auch große Gruppen von Christen und Muslimen. Ihnen ist das Töten von Rindern nicht verboten, wodurch vor allem Personen dieser Bevölkerungsgruppen die Arbeit mit den Kühen übernehmen. Einige setzen sich dafür ein, die Rindfleischbranche auszuweiten. Hinzu kommt, dass das Rindfleisch für ärmere Bevölkerungsgruppen oft eine günstige Alternative zu Geflügelfleisch darstellt.

Definition „Rindfleisch“

Bei der Frage nach den Ursachen für das rasante Wachstum des Rindfleischexports spielt die genaue Bedeutung des Wortes „Rindfleisch“ eine wichtige Rolle. Indien verfügt über eine große Population an Wasserbüffeln, die als Büffelfleisch- und Milch in die öffentlichen Statistiken miteingehen.  Ebendiese sind offiziell die Hauptquelle des Rindfleisches sowie der produzierten Milch und werden in Indien nicht als Kühe oder heilige Tiere angesehen.

Gesetzliche Bedingungen

Darüber hinaus unterscheiden sich die Heiligkeit der Kuh sowie die Schlachtvorschriften in den unterschiedlichen Bundesstaaten Indiens. In einigen Regionen ist das Töten von Kühen strengstens verboten. In dem Bundesstaat Andhra Pradesh ist es aber beispielsweise erlaubt, ältere Bullen zu schlachten, die als „unproduktiv“ gelten und keine Arbeit mehr verrichten können. So werden viele Rinder oft in die Regionen transportiert, in denen die Regierung eine Schlachtung duldet. Außerdem besteht der begründete Verdacht, dass neben den von der Regierung freigegebenen Schlachthöfen auch illegale Schlachthöfe existieren. Auf diese Weise ist es möglich, die als heilig geltenden Tiere über Umwege doch auf den Teller zu bringen.

Nicht alle Kühe in Indien haben also das Glück, als heilige Geschöpfe die Straßen zu erobern und unbeschwert zu altern. Auch in Indien werden sie zahlreich als „Nutz“tiere gehalten. Und es könnte durchaus möglich sein, dass sich dieser Industriezweig noch wesentlich vergrößert.

                                                                                                                       Rieke Goetz

Fotos: pixabay


Viele ausländische Ferkelerzeuger müssen ab 2019 mit Betäubung kastrieren.

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Ausländische Ferkelerzeuger, die QS- (Qualität und Sicherheit) zertifizierte Betriebe in Deutschland beliefern, dürfen ab Januar 2019 nur noch mit Betäubung kastrieren.

Auch Ferkel aus Dänemark oder den Niederlanden müssen ab 2019 nach den neuen gesetzlichen Vorgaben in Deutschland kastriert werden, wenn sie für den deutschen Markt bestimmt sind und das QS-Siegel tragen. Das heißt, auch ausländische Ferkel müssen unter Betäubung kastriert werden, wenn sie der Vermarktungskette von QS angehören. Dies ist bei 90 Prozent der Fleischwaren in Deutschland der Fall.

Diese Regelung kann auch nicht durch Fleischimporte umgangen werden, denn die QS-Vorgabe gilt auch für ausländisches Schweinefleisch, das von Ferkeln stammt, die chirurgisch kastriert sind. Im gesamten QS-System dürfen Schweinefleisch und Schlachtschweine ab 2019 nur vermarktet werden, wenn die Ferkel entsprechend den deutschen Gesetzesvorgaben kastriert worden sind.

Betäubungsverfahren bei der Ferkelkastration

Leider darf QS keine Vorgabe zu akzeptablen Betäubungsverfahren machen, denn das Gesetz spricht nur vom „Verbot der betäubungslosen Kastration“, regelt aber nicht die einzelnen Verfahren, die in der EU angewendet werden. Deshalb muss die umstrittene CO2-Betäubung, die in den Niederlanden eingesetzt wird, auch akzeptiert werden. Die Kastration unter CO2 führt zu Reizungen der Atemwege, zu Herzproblemen und Erstickungsanfällen, ohne dabei eine ausreichend lange Schmerzausschaltung zu gewährleisten.

Welche Verfahren stehen in Deutschland momentan zur Verfügung?

In Deutschland ist noch nicht abschließend geklärt, welche  Betäubungs- und Schmerzausschaltungsverfahren eingesetzt werden dürfen.

Die einzigen zugelassenen Verfahren sind:

  • Die Immunokastration

Aus Tierschutzsicht die Methode der Wahl, da sie den minimalsten Eingriff am Tier darstellt. Männliche Schweine bekommen im Abstand von mindestens vier Wochen zwei Injektionen. Die Hoden werden nicht chirurgisch entfernt.

  • Die chirurgische Kastration unter Vollnarkose mit anschließender Gabe von Schmerzmittel

Die Hoden der männlichen Ferkel werden chirurgisch entfernt. Zur Linderung des Kastrationsschmerzes werden nach dem Eingriff Schmerzmittel (sogenannte NSAR, die auch bei der Schmerzbehandlung von Menschen angewendet werden, zum Beispiel Ibuprofen, Diclofenac) eingesetzt.

Die Nachschlafphase stellt hier das größte Problem dar. Die Ferkel können dabei unterkühlen und verpassen eine „Mahlzeit“. Schwache Ferkel leiden hierbei besonders und es kommt nicht selten zu Todesfällen.

Es gibt weitere Verfahren

Die  Betäubung durch eine Inhalationsnarkose mit Isofluran darf nur vom Tierarzt ausgeführt werden. Sie weist erhebliche Schwachstellen auf, denn die Betäubungswirkung ist stark abhängig vom richtigen Sitz der Atemmaske und dem Gewicht der Ferkel. Bei den über drei Kilogramm schweren Tieren sind nur noch 71,5 Prozent wirklich betäubt. Mehrere Studien zeigen, dass bei Ferkeln im Alter von sieben Tagen nur noch 61 Prozent und mit acht Tagen nur noch 55 Prozent ausreichend betäubt sind. Auch hier ist die Gabe von NSAR zwingend notwendig.

Die Lokalanästhesie, besser bekannt als örtliche Betäubung, mit dem Wirkstoff Procain, ist weder in Deutschland zur Kastration von Ferkeln zugelassen, noch erfüllt die den Anspruch der Schmerzausschaltung. Daher ist sie aus Sicht des Tierschutzes abzulehnen.

Zuletzt bleibt natürlich die Methode der Ebermast als Königsweg. Hier bleibt das männliche Tier von jeglichen Eingriffen verschont. Diese Art der Haltung bedarf allerdings einer sehr guten Betreuung durch den Tierhalter, viel Erfahrung und einem gut funktionierenden Management. Zudem müssen Eberfleisch-Abnehmer zur Verfügung stehen.

Angela Dinter

 

 

No-Name oder Marke. PROVIEH Fachreferentin Stefanie Pöpken im ZDF-Interview

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Lachs, Champagner und Sushi: Luxus gibt es auch beim Discounter. Wie gut sind diese Produkte? In einer umfangreichen Verbraucherstudie untersucht Nelson Müller, was wirklich besser schmeckt: No-Name oder Marke. Nelson Müller beleuchtet auch die Nachteile der Produktion von edlen Lebensmitteln. Beispiel Büffelmozzarella: Er gilt als Rarität, als aromatisch und gesund. Doch die Wasserbüffel sind anspruchsvoll, und für die männlichen Kälber der Tiere gibt es keinen Markt, sodass viele Jungtiere schnell geschlachtet werden. In Italien geht Nelson Müller der Frage nach, wie Tierwohl und Luxuslebensmittel zusammenpassen.

Zum Thema Büffelmozarella wurde unsere Fachreferentin Stefanie Pöpken interviewt (Minute 30). Die komplette ZDF Dokumentation können Sie sich hier anschauen.

Die Problematik ist dieselbe, wie auch bei unseren Hochleistungskühen. Auch in Deutschland haben wir es mit sogenannten "Wegwerfkälbern" zu tun. Die männlichen Kälber von Hochleistungskühen aus der Milchviehhaltung bringen nicht genug Fleisch und sind deshalb unteressant zu mästen. Mit der Kampagne PROKUH setzt sich PROVIEH für eine Verbessung der Haltungsbedingungen für Milchkühe und ihrer Kälber ein.

 

 

 

Berechnungen von PROVIEH zeigen: Geflügelpest hat ihren Ursprung in der Geflügelwirtschaft

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Pressemitteilung, 28.03.2017: PROVIEH hat eine Statistik erstellt.Auf Grundlage von Zahlen des Zentralverbandes der deutschen Geflügelwirtschaft und des Bundes Deutscher Rassegeflügelzüchter rechnen wir mit rund 8.000 gewerblichen und 180.000 privaten Haltungen. Das ergibt ein Verhältnis von 4 Prozent zu 96 Prozent. Eigentlich hätte sich die Anzahl der Ausbrüche gleichmäßig auf alle Betriebsformen verteilen müssen. Denn gemäß den Aussagen des FLI ist „ein direkter oder indirekter Eintrag über kontaminiertes Material (Schuhwerk, Fahrzeuge, Gegenstände) für die meisten Haltungen die wahrscheinlichste Infektionsquelle.“ Die Ausbrüche verteilen sich aber anders: Die Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch in einem gewerblichen Geflügelbetrieb ist über 60-mal höher als in einem privaten Geflügelbetrieb. Diese Zahlen wurden uns am 27.3.2017 vom FLI bestätigt. Die Schlussfolgerung des Vereins: „Die Verbreitung der Viren scheint ein internes Problem der Geflügelwirtschaft zu sein.“
 

Das sieht die EU-Kommission leider anders, siehe Durchführungsbeschluss (EU) 2017/263 der Kommission vom 14. Februar 2017. Düster wird es für die Freilandhaltung von Geflügel. Ihr wird der Boden entzogen durch die höchst umstrittene Behauptung von Behörden, überwinternde Wasservögel könnten Geflügelbestände mit Geflügelpest anstecken. Dass mit dem Beschluss massive Tierschutzverstöße erzwungen werden, stört die Behörden auf EU- und Landesebene nicht, wohl aber alle Menschen, die für Tierschutz und Tierwohl kämpfen.

 

Zumindest räumt die Kommission ein, dass Geflügelpestviren auch durch menschliche Nachlässigkeiten direkt von Betrieb zu Betrieb verbreitet werden können. Mit Stillschweigen wird übergangen, dass die Viren auf diese Weise auch ins Freie gelangen und dort Wildvögel infizieren können. Deshalb ist es nicht hinnehmbar, einem an Geflügelpest gestorbenen Wildvogel ohne jede Begründung zu unterstellen, gefährlicher Verbreiter der Geflügelpest gewesen zu sein. Er könnte umgekehrt Opfer einer Infektion durch die Geflügelindustrie geworden sein. Unbegründet ist noch immer die Vermutung, Hobbyhaltungen von Freilandgeflügel könnten der Ausbreitung von Geflügelpest dienen. Kurz, in mehrfacher Hinsicht verstoßen die verantwortlichen Behörden gegen das rechtsstaatlich verankerte Prinzip der Verhältnismäßigkeit ausgeübter hoheitlicher Gewalt. Das ist ein Skandal, der nicht geduldet werden darf.

Die Forderungen von PROVIEH finden Sie hier.

Foto: Pixabay


Ansprechpartnerinnen:
Stefanie Pöpken (Fachreferentin Geflügel)
Telefon: 0431-248 280 14
Mail: poepken@provieh.de

Svenja Furken (PROVIEH-Vorstandsmitglied)
Telefon: 04102-604 398
Mail: post@wanderziege.de

Brennpunkt Bullenmast

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Die beklagenswerte Situation der Kälber und Rinder gab 1973 den Ausschlag für Margarethe und Olga Bartling den „Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung“ zu gründen. Die Schwestern haben auf einer Studienfahrt die unwürdigen Lebensbedingungen der Kälber und die schlechte Haltung der Rinder gesehen und wussten, dass sie handeln mussten. Vier Jahrzehnte später stellt sich die Frage, ob die beiden Schwestern mit der Entwicklung des Tierschutzes in der „Nutz“tierhaltung zufrieden wären. Vieles hat sich seit den siebziger Jahren maßgeblich verbessert. Dennoch würden die Bartlings auch heute genau auf die Rinder schauen. Denn die Kälberaufzucht ist in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung zwar mittlerweile genauer geregelt, doch es fehlen bis heute selbst die Mindestanforderungen in der Haltung von adulten Rindern.

Stiefkind Bullenmast

Langsam rückt die Bullenmast in den Fokus der Tierwohl-Debatte. Die Haltungsverordnung für Nutztiere schreibt für Rinder ab 220 Kilogramm Lebendgewicht einen Mindestplatzbedarf von 1,8 Quadratmetern vor. Theoretisch bräuchten die Tiere in der Endphase der Mast demnach nicht mehr Platz, als ihnen eine normale Bettmatratze bietet. Doch Rinder – auch Mastrinder – sind Weidetiere und als solche haben sie einen arttypischen Bewegungsdrang.  Dieser wird bei der Bullenmast jedoch einfach ignoriert. Auch zusätzlicher Auslauf und damit das gezielte Aufsuchen unterschiedlicher Klimabereiche gibt es nicht. Die meisten Empfehlungen der Wissenschaft beziehen sich hauptsächlich auf die Haltung im Stall und haben sich auf ein Maß von 3,5 Quadratmetern Platz pro Rind eingependelt. Das ist immerhin fast doppelt so viel, wie in der Haltungsverordnung steht. Nach Meinung von PROVIEH ist das aber immer noch zu wenig Platz und weit entfernt von artgerechter Haltung.

Ochsenmast

Bei der Forderung „Bullen auf die Weide“ graut es so ziemlich jedem Bullenmäster. Zu gefährlich sei die Bullenhaltung auf der Weide für den Menschen. Zu teuer die zusätzliche Sicherung der Weiden mit Stacheldraht und Elektrozaun. Aber geht es nicht auch anders? Müssen die Tiere tatsächlich ihr kurzes Leben lang im Stall stehen? Nein! Denkbar wäre zum einen, jedem jungen Mastbullen bis zum ersten Lebensjahr zumindest über einen Zeitraum von drei oder vier Monaten den Aufenthalt auf der Weide zu ermöglichen. Wenn die Strukturen nicht gegeben sind, sollte der Stall zumindest so gestaltet sein, dass den Tieren unterschiedliche Klimazonen, zum Beispiel in Form eines Laufhofes, zur Verfügung stehen. Eine andere Möglichkeit ist die Ochsenmast.

Gerade in Norddeutschland wurden seit der Bronzezeit bis ins späte 19. Jahrhundert Ochsen aus Dänemark durch Norddeutschland in Richtung Wedel getrieben, um auf dem Weg dorthin gemästet und dann verkauft zu werden. Ochsen gelten im Gegensatz zu Bullen als genügsam. Normalerweise werden sie circa  zweieinhalb bis drei Jahre lang gemästet, bevor sie geschlachtet werden. Sie können ohne Probleme auf der Weide gehalten werden. Ochsenfleisch wird vom Konsumenten nicht mehr nachgefragt. Daher finden sich nur noch wenige Betriebe, die diese Form der Rinderhaltung praktizieren. Natürlich geraten wir als Tierschützer in die Kritik, wenn wir die Kastration mit Betäubung und anschließender Schmerzbehandlung von männlichen Rindern befürworten. Wenn den Tieren dadurch allerdings ein artgerechtes Leben auf der Weide ermöglicht wird, anstatt ein beengtes Leben im Stall mit all seinen Nachteilen für Körper und Seele, kann dies eine unterstützenswerte Option sein.

Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass in der Haltung von Mastbullen noch viel Handlungsbedarf besteht. Es wird sich mehr um die täglichen Zunahmen der Tiere gesorgt, als um das physische und mentale Wohlbefinden. Leider heißt es immer noch: hohe Zunahmen = besonders viel Tierwohl. Auch wenn diese These längst überholt ist. Es wird sich erst etwas ändern, wenn wir beim Einkauf aktiv nachfragen, woher die Tiere stammen und wie sie gehalten wurden. Es gibt viele Betriebe, die ihren Tieren mehr bieten als nur den  Mindeststandard. 

 

Stefanie Pöpken

Moderne und artgerechte Pferdehaltung

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Ein Erfahrungsbericht von PROVIEH-Mitglied Dagmar Flaig

„SOVIEL Platz für SO WENIG Pferde?“ und: „Mein Nachbar hat sein Pferd in der Box.“ Das sind Sätze, die uns in den letzten Wochen und Monaten häufig begegnen. Gemeint sind unsere derzeit vier Pferde der amerikanischen Rasse „Curly Horse“, die seit September ihr Leben genießen. Erschreckend dabei ist, wie viele Menschen nichts über die Grundbedürfnisse eines Pferdes wissen und wie weit 

verbreitet der Irrglaube ist, ein Pferd in der Box zu halten sei völlig normal und in Ordnung. Es ist also weiterhin wichtig, Aufklärungsarbeit zu betreiben und die breite Öffentlichkeit über artgerechte Equidenhaltung zu informieren. Schade finde ich auch, dass im Bereich der Kinder- und Jugendmedien dieses Thema so wenig Raum findet. Gerade in den unzähligen Barbie- und Bibi & Tina-Geschichten ließe sich das Thema „Pferdeglück“ im Hinblick auf die Bedürfnisse der süßen Ponys gut verpacken. Das wäre die perfekte Basisarbeit. Stattdessen werden in den Filmen Zuckerstückchen! verfüttert und die Pferde werden nach dem Absatteln in die kuschelige mit Stroh gefüllte Box gestellt, wo sie dann gut gelaunt und dankbar wiehern…

Offenstallhaltung auf dem Vormarsch

Zum Glück hat sich in den letzten Jahren dennoch sehr viel getan im Hinblick auf artgerechte Pferdehaltung. Offenställe und Aktivställe verbreiten sich zusehends, da mehr und mehr Pferdebesitzern bewusst wird, was ihre Fellnasen brauchen, um gesund und ausgeglichen zu sein. Selbst große Stallbetreiber haben heute einen Offenstallbereich oder zumindest Laufställe, in denen die Pferde nachts zusammen stehen können. Viele Boxen werden mit einem kleinen Freilauf erweitert und dann als sogenannte Paddockboxen vermietet.

Seit 12 Jahren halten wir unsere Pferde im Offenstall und sind ständig auf der Suche nach Verbesserungen. Die Hauptprobleme bei der Pferdehaltung sind: Bewegung und Fütterung. Ein Pferd in freier Wildbahn legt pro Tag circa 20-30 Kilometer bei der Futtersuche in karger Steppe zurück. 16-18 Stunden täglich verbringen Wildpferde mit dem Grasen. Durch den recht kleinen Magen ist ihr System auf die ständige Aufnahme kleiner Mengen Raufutter ausgelegt und als Lauftier ist die Bewegung für die Gesunderhaltung wichtig. Dass ein Pferd als Herdentier mit ausgeprägtem Sozialverhalten Artgenossen braucht, um auch psychisch gesund zu bleiben, erklärt sich von selbst. Allein aus diesem Grunde sollte jedem sofort einleuchten, dass ein Pferd allein in der Box ein absolutes No-Go ist.

Doch selbst in den pferdefreundlicheren Offenställen bleibt häufig das Problem, dass die Pferde zu wenig Bewegung bekommen. Die Hufe haben zu wenig Anreize, da die Böden nicht genügend Abwechslung bieten und viele Pferde sind – das gilt vor allem für die leichtfuttrigen Robustrassen wie beispielsweise Haflinger, Norweger und Shetlandponys – zu dick. Auch der individuelle Futterbedarf der einzelnen Tiere stellt je nach Zusammensetzung der Herde ein Problem dar. Während die ranghohen Tiere oft zu viel fressen, kommen die Rangniederen bei nur einer Futterstelle häufig zu kurz. Jedes einzelne Tier in der Herde – auch das Rangniedrigste – soll in Ruhe, ohne Stress ausreichend fressen können. Wie schafft man es nun, den Pferden möglichst rund um die Uhr Futter zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig für ausreichend Bewegung zu sorgen?

Der Paddock Trail – die modernste und artgerechteste Form der Pferdehaltung

Der Paddock Trail ist ein Wegesystem für Pferde, das es auch auf Anlagen mit wenig Platz erlaubt, dem Lauf- und Weidetier Pferd die nötige Bewegung in der Herde und zudem viel Abwechslung zu verschaffen. Die Idee stammt von Jamie Jackson, einem Hufschmied aus Amerika, der über viele Jahre die Wildpferde in Nordamerika beobachtet hat. Er fand unter anderem heraus, dass die Mustangs als Gewohnheitstiere in der Prärie immer die gleichen Wege benutzen. Das gibt ihnen Sicherheit. Aus seinen Beobachtungen hat Jamie Jackson das System des „Paddock Paradise“ entwickelt, das als Paddock Trail auch bei uns in Europa immer mehr Pferdefreunde begeistert. Futter- und Wasserstelle sind bei dieser Haltungsform möglichst weit voneinander entfernt, sodass die Pferde große Strecken zurücklegen müssen. Mehrere Futterstellen sorgen für ständigen Bewegungsanreiz. Außerdem bietet sich dadurch auch den rangniederen Tieren die Möglichkeit, durch Ausweichen auf einen anderen Futterplatz, in Ruhe genug zu fressen. Es gibt überdachte Ruhe-,  Schlaf- und Wälzplätze. Verschiedene Bodenbeläge lassen die Wege zu einer Art „Barhufpark“ werden, was zusätzlich die Hufgesundheit fördert. Das Schöne an dieser Form der Haltung ist, dass ein solcher Trail in jeder Größenordnung realisiert werden kann. Es braucht nicht unbedingt viel Fläche und auch nicht viel Geld. Der Kreativität bei der Planung und Umsetzung sind keine Grenzen gesetzt. Unser Trail ist insgesamt circa 700 Meter lang und war am Ende günstiger, als ein zuvor geplanter einfacher Sandauslauf. Die Wege schlängeln sich außen um die Weiden herum. Die Weidefläche ist in Portionsweiden aufgeteilt, die je nach Bedarf geöffnet oder geschlossen werden können. Wie und wie lange man die Wegstrecke gestaltet, welche Bodenbefestigungen man wählt, ob mit oder ohne Wasserfurt kann jeder nach seinen Möglichkeiten individuell planen. Wir beobachten täglich mit Freude wie viel unsere kleine Herde auf den Wegen unterwegs ist, wie ausgeglichen und zufrieden sie sind und wie gut sich die Hufe entwickeln. Es gibt schon einige kleine und auch große Anlagen bei uns in Deutschland und auch in der Schweiz. Wer mehr über die Planung und die Umsetzung erfahren möchte, kann sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Auf unserer Internetseite www.curlyhorses.de gibt es eine Bildpräsentation über die Entstehung unseres Trails.

Dagmar Flaig

Infobox Dagmar Flaig:

1968 in Mainz geboren, habe ich schon im Alter von sechs Jahren die Liebe zu den Pferden entdeckt. Seit über 20 Jahren lebe ich mit und für meine „sanften Riesen“. Von Beginn an waren für mich Pferde in der Box „Gefängnispferde“ und es kam für mich schon immer nur eine artgerechte Haltung in der Herde und im Offenstall in Frage. Im Laufe der Jahre haben meine Familie und ich die Pferdehaltung immer weiter optimiert. Im August 2015 haben wir das Konzept des Paddock Trail realisiert, von dem wir und unsere Pferde restlos begeistert sind.

Ich bin der Meinung, dass alle Tiere das Recht auf ein artgerechtes Leben haben. Um die Ungerechtigkeiten, die an den Tieren verübt werden, zu bekämpfen, braucht es eine Gemeinschaft. Aus diesem Grund unterstütze ich die Arbeit einer Tierschutzorganisation.

Als freie Journalistin liegt mir sehr an kompetenter und seriöser Arbeit. Deshalb habe ich mich für PROVIEH entschieden, wo ich seit über zwei Jahren Mitglied bin. Ich freue mich, das Konzept des Paddock Trail hier vorstellen zu können und hoffe, dass ich damit viele Pferdefreunde inspirieren kann. Es lohnt sich!

Interessante Bücher zum Thema:

  • Offenstall-Variationen, Außergewöhnliches aus aller Welt von Dr. Tanja Romanazzi, Radionik Verlag
  • Paddock Trail, Anleitung zu naturnaher und gesunder Pferdehaltung von Jörg Weber u.a., Verlags KG Wolf

Interessante Websiten:

  

 

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